Mo. 14.08.06 - Mi. 16.08.06
Zum Pazifischen Ozean
Auf dem Weg zum Küstenort Tocopilla lag viel Staub in der Luft. Man roch ihn bevor man ihn sah, den Salpeter. Ein ganzer Berg wird abgetragen. Die Luft ist dick zum schneiden, verdreckt und verdammt trocken, nur weg von dieser Hochebene. In vielen Windungen führt die Strasse steil ab zur Hafenstadt Tocopilla, dort sah es nicht anders aus, Müll wohin man schaute, selbst der wunderbare Sandstrand vollkommen verdreckt, es stank zum Himmel.
Kurz nachdem wir den unbeliebten Ort nach Süden verlassen hatten erlebten wir entlang der Küstenstrasse nach Antofagasta, wunderschöne Küstenszenen. Zuerst Brandungsgepeitschte schwarze Klippen, dann feine sandige Buchten, dazwischen fanden wir einen ruhigen und abgeschiedenen Strandplatz am Pazifischen Ozean. Wir verbrachten mit langen Spaziergängen und mit traumhaften Sonnenuntergängen ein ruhiges Wochenende.
Jeden Abend kam er dann, der Küstennebel. Nicht der "Hochprozentige" aus Norddeutschland, sondern der Nebel des kalten Humboldstroms. Er erklimmt gerade noch die steile Bergkette und löst sich dahinter am nächsten Morgen in der unbarmherzigen und ansteigenden Sonnenglut der Atacamawüste in nichts auf. Als Wolkenbarrieren leisten die Anden und der kalte Humboldstrom ganze Arbeit.
In Antofogasta fanden wir eine Wäscherei in der wir unsere "Klamotten" am nächsten Tag frisch gewaschen und gebügelt abholen konnten. Die dazwischen liegende Zeit wollten wir mit einem Besuch der größten europäischen Sternwarte, ca. 120 km südlich auf dem Cerro Paranal überbrücken. Leider ist die Sternwarte nur an den letzten beiden Wochenenden eines Monates für Besucher geöffnet. Kein Hindernis, wir kommen noch einmal nach unserer Rundreise durch Bolivien und Peru.
Antofagasta liegt nun hinter uns, Kilometer um Kilometer fuhren wir ein Stück auf der "Panamericana" nordostwärts durch die Einsamkeit einer umgewühlten, erodierten Landschaft in Richtung Calama, Wüste breitet sich aus.
Hier endete sein Auftrag….. Eine Gedenkstätte auf der "Traumstrasse Panamericana" bei Antafogasta.
In dieser trostlosen Einöde wurde bis in die 30er Jahre Salpeter gewonnen, für Dünger und Schießpulver. Erst die Erfindung und Herstellung des synthetischen Stickstoffes, durch Professor Fritz Haber in Berlin, leitete den Niedergang der Minen ein. Die Oficinas wurden zu dem, was sie heute sind: Geisterstädte in der Weite der Atacamawüste.
Wir kamen an verlassenen Orten vorbei, zum Teil verwitterte Ruinen in denen die Arbeiter der Salpeterminen mit ihren Familien wohnten.
Schriften des Abschieds an den Wänden. Eine Bahnstation ohne Dach, eine Tür knarrte im Wind. Eine Kulisse wie in High noon, Garry Cooper lässt grüssen. Einige Kilometer weiter, sahen wir in der Ferne der weiten Einsamkeit eine Unzahl von Holzkreuze.
Das Klima in der Salpeterwüste ist mörderisch heiß und in den Minen herrschten die härtesten nur vorstellbaren Arbeitsbedingungen. Die Kräftezehrende Arbeit raffte viele Mineros frühzeitig dahin.
Die Menschen haben dieses Gebiet verlassen, geblieben sind die Toten.
Der trockene Wind hat schon längst die Farben von den Grabmalen gefegt. Das Holz der Kreuze stammt aus deutschen Wäldern. Salpeterschiffe brachten es auf ihrer Rückreise aus Europa nach Chile.
Wir gingen nachdenklich über den Friedhof der tausend Kreuze, sie warfen lange Schatten in der tiefstehenden Abendsonne. Kranzringe hingen verrostet an den hölzernen Kreuzen.
Im letzten Tageslicht machten wir Aufnahmen von dem verlustreichen Salpeterboom.
Die meisten Kreuze trugen keine Innschriften, manche nur den Namen, oder eine Nummer, kein Datum von Geburt und Tod, kaum jemand wurde älter als 40 Jahre.
Die überwiegenden Ruhestätten sind Kindergräber. Vor mir ein kleiner Sarg, der Deckel abgehoben, ich schaue hinein.
Kindersarg mit Grabbeilagen; Kekse
Die Schuhe und das Grabtuch waren nach 80 Jahren noch gut erhalten, darin die Gebeine eines Jungen, etwa 8 Jahre alt ist er geworden, die Hände mumifiziert, Oberkörper und Kopf fehlten. Kekse als Grabbeilagen. An diesem Ort beginnt jeder zu denken.
Wir fanden noch weitere geöffnete Kindergräber, leer, Grabräuber haben eine makabre Arbeit verrichtet. Wir übernachteten in der Nähe an einer Ruine und die Eindrücke an diesem Tag ließen uns noch lange wach.
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